Mit Schwirrgerät und Haselnuss zurück in die Steinzeit
Schüler der Stormarnschule Ahrensburg liefern mit steinzeitlichen Klängen den Steinzeitsound für den Film „Pfeil sucht Bogen – das Ahrensburger Steinzeitexperiment“ Seit dem Spätsommer wird in Ahrensburg und Schleswig ein Dokumentarfilm über ein Steinzeitexperiment gedreht. Dabei rekonstruiert der Experimentalarchäologe Harm Paulsen, der bereits in vielen TV-Produktionen mitgewirkt hat, einen Jagdbogen, wie ihn die Ahrensburger Rentierjäger am Ende der Eiszeit vor 12.000 Jahren verwendet haben könnten.
Anlass für das Filmprojekt war die sensationelle Wiederentdeckung eines hölzernen Pfeilschaftfragments in einer unscheinbaren Zigarrenschachtel im Nachlass von Alfred Rust. Gut 100 solcher Pfeilschäfte hatte der Entdecker der Rentierjägerkulturen vor 86 Jahren im Tunneltal geborgen, die später allesamt in Kieler „Museum vaterländischer Alterthümer“ verbrannten. Die Datierung dieses letzten Pfeils mit modernen Analysemethoden bestätigte ein Alter von 11.500 Jahren. Er gehörte demnach einem Rentierjäger der Ahrensburger Kultur - und ist aktuell der weltweit älteste Pfeilschaft der Menschheitsgeschichte!
Inzwischen sind schon einige Stunden Filmmaterial zusammen gekommen und erste Passagen werden bereits geschnitten. Als Off-Sprecher konnte der Schauspieler Joshy Peters gewonnen werden. Der langjährige Old Shatterhand, Ölprinz und Schurke der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg war mehr als überrascht, dass der Prototyp von Pfeil und Bogen aus dem Ahrensburger Tunneltal – und nicht dem Wilden Westen - stammt.
Auf der Suche nach einer passenden Filmmusik wurde es dann schon schwieriger. „Von Anfang bestand für mich der Wunsch, den Film mit authentischen Geräuschen und Klängen der Steinzeit zu untermalen.“ so Filmemacher Mathis Menneking. Aber wie klang eigentlich die Steinzeit? Schnell war die Idee geboren, aus dieser spannenden Fragestellung ein Schulprojekt zu machen.
Was läge da näher, als direkt im örtlichen Gymnasium der Stadt Ahrensburg einmal nachzufragen. Immerhin ist die Stormarnschule für ihren Musikschwerpunkt bekannt und beherbergt mehrere Chöre und Orchester. Katja Kursawe, die die Fachschaft Musik an der Schule leitet, war sofort von der Idee begeistert. Zusammen mit ihrem Kollegen Sönke Grohmann, der im letzten Jahr die Orchesterleitung an der Schule übernommen hat, realisiert sie nun die Umsetzung des Projekts. „Ich bin so glücklich mit wieviel Enthusiasmus und Ideenreichtum die Kinder des 7. Jahrgangs auf die etwas ungewöhnliche Aufgabenstellung reagiert haben“ erzählt sie. „Die Kinder haben Muscheln, Steine und Haselnüsse gesammelt. Sogar Eltern haben bei der Suche nach geeigneten Naturmaterialien geholfen. Ich selbst habe ein paar Schwirrhölzer besorgt. Nun wird ausprobiert und gesummt, geklappert, getrommelt, geschwirrt und geflötet. Der Fantasie sind dabei kaum Grenzen gesetzt, da wir ja nicht wirklich wissen, wie die Musik damals klang. Dass die Menschen auch schon in der Steinzeit musiziert haben steht dabei außer Frage, denn auf der Schwäbischen Alb wurden Knochenflöten gefunden, die 40.000 Jahre alt sind. “ schwärmt Katja Kursawe.
Die Klänge, die bei dem Musikexperiment entstehen, werden aufgezeichnet und später dem Filmemacher zur Verfügung gestellt. „Auch in die geplante Ausstellung „Die Welt der Ahrensburger Rentierjäger“, die im nächsten Jahr in der Stadtbücherei Ahrensburg gezeigt wird, könnten die Klangbilder der Schüler integriert werden.“ so Büchereileiter Thomas Patzner. Dort wird dann auch der älteste Pfeil der Menschheitsgeschichte erstmals in der Öffentlichkeit zu sehen sein und der Film seine Premiere feiern.
„Als Dankeschön für ihr musikalisches Engagement werden die Schüler im nächsten Jahr Besuch von einem Archäologen bekommen.“ verspricht Svenja Furken von der IG Tunneltal, die das Filmprojekt zusammen mit Dr. Sönke Hartz vom Museum für Archäologie Schloss Gottorf leitet. „Vielleicht kommt sogar Harm Paulsen persönlich vorbei und zeigt seinen rekonstruierten Ahrensburger Bogen in Aktion.“